Tongariro Crossing mal ganz spontan

Dass sich das Wetter in Neuseeland schnell ändern kann, ist wohl bekannt. Allerdings sagte der Wetterbericht für den morgigen Tag nur Regen voraus, sodass ich es mir nach einigen spannenden Wandertagen rund um Wellington in meinem Zelt auf dem Campingplatz von Ohakune mit Blick auf die Vulkankegel des Tongariro Nationalparks bequem gemacht habe. Mein Plan für morgen: ausschlafen und das Whakapapa Visitor Centre besuchen, um dort den Transfer zwischen End- und Startpunkt des Tongariro Alpine Crossing zu buchen. 

Am folgenden Tag um 10:30 Uhr: ich krieche aus meinem Zelt und erblicke strahlenden Sonnenschein! Nun muss es schnell gehen: Zelt abbauen, in den Kofferraum meines kleinen Mietwagens werfen und los. Im Whakapapa Visitor Centre angekommen sagen mir die Mitarbeiter „nein, das schaffen Sie heute auf keinen Fall mehr, man braucht mindestens 8 Stunden für die 19,4 km lange Wanderung und der letzte Shuttle Bus zurück zum Mangatepopo Parkplatz am Beginn des Tracks fährt um 18 Uhr.“ 

Um 12 Uhr mittags beginne ich die Wanderung … ohne einen Shuttlebus gebucht zu haben, in der Hoffnung, dass mich irgendwer schon mitnehmen wird.

Der Aufstieg bis zum Gipfel

Die ersten ca. 5 km führt der Wanderweg vom Parkplatz durch eine raue Vulkanlandschaft – feste Wanderschuhe dringend empfohlen. Kurz bevor der anstrengende Aufstieg zum Plateau über die Devil’s Staircase beginnt, gibt es die Möglichkeit, noch einmal die Toilette aufzusuchen. Eine einfache Holzhütte vor der Kulisse eines Vulkans, sieht man auch nicht alle Tage. Da es in dieser Landschaft absolut keine Bäume oder Büsche gibt, ist die Schlange davor entsprechend lang. 

Auf dem Aufstieg nach oben überhole ich unterschiedliche Reisegruppen, die mir nicht nach vernünftigem Schuhwerk für eine Wanderung auf ein alpines Plateau aussehen, ich wiederum werde von Wanderern überholt, die es anscheinend noch eiliger haben als ich selbst.

Keinerlei Schatten, die Sonne brennt gnadenlos auf uns Wanderer herab und doch – oben angekommen erwartet uns eine spektakuläre Aussicht. Vulkanisch karg und doch wunderschön. Es besteht die Möglichkeit, den Mt Ngauruhoe zu besteigen (mittlerweile ist der Aufstieg auf Wunsch der maorischen Landeigentümer verboten, da es sich hierbei um heiliges Land der Ureinwohner Neuseelands handelt). Viele kommen mir entgegen und berichten, der sandige, steile Aufstieg wäre das Herausforderndste, was sie je versucht hätten – zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück. Ich überlege, doch aufgrund der begrenzten Zeit und dem nicht gebuchten Shuttle verzichte ich, verzehre nur kurz mein Lunchpaket und wandere weiter. 

Der Abstieg und die Einsicht nach der Wanderung

Der vor mir liegende Talkessel ist dem ein oder anderen vielleicht aus der „Herr der Ringe“ Trilogie bekannt. Auch ohne die Filme zu kennen, kann ich mir hier eine Filmszene perfekt vorstellen. Nach einem letzten Anstieg bietet sich meiner Meinung nach der beste Anblick (und vermutlich auch der berühmteste): der Blick auf die sogenannten Emerald Lakes, mehrere dampfende Schwefelseen, welche durch ihre türkisleuchtende Farbe einen tollen Kontrast zur rötlichbraunen Lava rundherum bilden. 

Vorbei am riesig wirkenden Blue Lake beginnt der Abstieg zum Ketetahi Carpark. Der befestigte Weg ist vergleichsweise lang und während sich bei den Emerald Lakes am Fuße des Mount Tongariro viele Wanderer aufhalten, ist der Track in Richtung Parkplatz recht einsam. Ein merkwürdiges Gefühl macht sich in mir breit, denn je weniger Leute nach mir herabwandern, desto geringer die Chancen, eine Mitfahrgelegenheit zum Startpunkt (den Mangatepopo Carpark) zu bekommen. Zudem warnen immer wieder Schilder davor, den befestigten Track zu verlassen, da dieses Gebiet rund um den Te Maari Vulkan zur aktiven vulkanischen Zone gehört und dadurch sehr instabil ist. Erst 2012 ist der Vulkan mehrmals ausgebrochen und hat auch Teile des Tongariro Crossings verschüttet. Verstärkt wird die Situation durch regelmäßiges Grummeln und aufsteigenden Rauch. Ich beeile mich also, renne praktisch den Weg hinab, bis zu einem kleinen Wald. Die erste richtige Vegetation seit Beginn des Tracks. Der Weg folgt einem kleinen Bach, der aufgrund des hohen Schwefelgehalts aber lieber nicht zum Trinken genutzt werden sollte, bis ich aus dem Wald hinaus auf den Parkplatz trete. Um Punkt 18 Uhr.

Und welch Überraschung! Zahlreiche Busse warten noch auf Wanderer. Ich versuche mein Glück und kaum eine halbe Stunde später bin ich zurück an meinem Mietwagen. 

Zurückblickend empfehle ich jedoch jedem Wanderer:

  1. Mehrere Übernachtungen am Tongariro Nationalpark einzuplanen, um flexibel zu bleiben, denn dem Wetterbericht ist nicht zu trauen.
  2. Immer den Shuttle vorbuchen.
  3. Die Wanderung nicht erst mittags zu beginnen.

Bist Du bereit für Deine individuelle Traumreise?